Tautologie
Tautologie
Tauto lerne ich ist eine griechisches Bestimmungswort mit der Bedeutung "dasselbe, das gleiche" - so steht es in Meyers Taschenlexikon Band 22, Tat/Unga. (Jetzt weckt "Unga" mein Interesse, aber ich muss am Ball bleiben. Ich muss heute noch weiter forschen, es zu einem Ende bringen.) "Tautologie" steht nur zwei Begriffe weiter. Als stilistisches Mittel, erfahre ich dort, findet man es als Zwillingsformel z.B. bei: angst und bange. Ähnliche Begriffe, die dasselbe bezeichnen also. Grün und blau schlagen wäre wohl auch so eine Tautologie. Vom Prinzip her passiert dabei ja dasselbe: Die Haut wird durch Gewalteinwirkung farblich verändert. Die Frage ist natürlich ob ES Tautologien erkennen und - gut geübt - in sich hinein horchen wird und jubilierend feststellen kann: Aha! Eine Tautologie. Jetzt tauchte die Tautologie, um die es meinem Bewusstsein geht, in einem Essay von Borges aus dem Jahre 1946 auf. Fast unscheinbar und nicht zwingend zum Verständnis des gesamten Textes von Bedeutung ist es dennoch - wie immer, denkt ES - so gesetzt, dass man nicht darum herum kommt, das Wort nochmals nach zu schlagen. So steht da also:
"...;jedesmal wenn ich einen Germanophilen über das "Jiddisch" herfallen höre, muß ich daran denken, dass das "Jiddisch" in erster Linie eine deutsche Mundart ist, kaum befleckt vom Idiom des Heiligen Geistes."
Ein und dasselbe ist also die Sprache. Und die Germanophilen sind jene, die einen Unterschied im Gleichen aufzudecken suchen, wobei sie in ihrer Abfälligkeit über das "Jiddische" sich auf die eigene Sprachkultur beziehen, zwangsläufig, weil die Unterscheidung in Sprachen nicht zulässig erscheint, da wir es mit einer Mundart zu tun haben, die sich aus dem Deutschen herleitet. Mir gelingt es nicht das nach stilistischen Gesichtspunkten zu entzerren. Jetzt steht hier aber auch, dass es eine philosophische Ableitung für den Begriff gibt. Den Teufelskreis. Den Circulus vitiosus. Unter dem Aspekt versteht sich die Tautologie schon eher. Wieder bei Meyers, Band 4, Bou/Com, unter Circulus vitiosus, wird von einem Beweisfehler gesprochen, bei dem die zu beweisende Aussage für den Beweis vorausgesetzt wird.
So könnte es gehen. Zu Borges Tautologien gehört auch folgende Betrachtung:
"...; jedesmal wenn mir das Fragment 91 des Heraklit einfällt: Niemand kann zweimal in denselben Fluß steigen, bewundere ich die dialektische Gewandtheit, ja die Leichtigkeit, mit der uns die erste Bedeutung ("der Fluß ist ein anderer") aufgeht, uns insgeheim die zweite ("ich bin ein anderer") bringt und uns die Vorstellung erlaubt, als hätten wir sie erfunden; ..."
Jetzt lehnt sich mein Bewusstsein erstaunt auf. Borges widerspricht der Tautologie nicht? Er lebt sie? Borges schreibt: "Diese Tautologien (sowie andere, die ich verschweige) sind mein ganzes Leben." Sie scheint ihm ein Prinzip, oder besser: ein Phänomen unserer Existenz zu sein. Ist das die metaphysische Betroffenheit, von der Borges einleitend schrieb?
Tauto lerne ich ist eine griechisches Bestimmungswort mit der Bedeutung "dasselbe, das gleiche" - so steht es in Meyers Taschenlexikon Band 22, Tat/Unga. (Jetzt weckt "Unga" mein Interesse, aber ich muss am Ball bleiben. Ich muss heute noch weiter forschen, es zu einem Ende bringen.) "Tautologie" steht nur zwei Begriffe weiter. Als stilistisches Mittel, erfahre ich dort, findet man es als Zwillingsformel z.B. bei: angst und bange. Ähnliche Begriffe, die dasselbe bezeichnen also. Grün und blau schlagen wäre wohl auch so eine Tautologie. Vom Prinzip her passiert dabei ja dasselbe: Die Haut wird durch Gewalteinwirkung farblich verändert. Die Frage ist natürlich ob ES Tautologien erkennen und - gut geübt - in sich hinein horchen wird und jubilierend feststellen kann: Aha! Eine Tautologie. Jetzt tauchte die Tautologie, um die es meinem Bewusstsein geht, in einem Essay von Borges aus dem Jahre 1946 auf. Fast unscheinbar und nicht zwingend zum Verständnis des gesamten Textes von Bedeutung ist es dennoch - wie immer, denkt ES - so gesetzt, dass man nicht darum herum kommt, das Wort nochmals nach zu schlagen. So steht da also:
"...;jedesmal wenn ich einen Germanophilen über das "Jiddisch" herfallen höre, muß ich daran denken, dass das "Jiddisch" in erster Linie eine deutsche Mundart ist, kaum befleckt vom Idiom des Heiligen Geistes."
Ein und dasselbe ist also die Sprache. Und die Germanophilen sind jene, die einen Unterschied im Gleichen aufzudecken suchen, wobei sie in ihrer Abfälligkeit über das "Jiddische" sich auf die eigene Sprachkultur beziehen, zwangsläufig, weil die Unterscheidung in Sprachen nicht zulässig erscheint, da wir es mit einer Mundart zu tun haben, die sich aus dem Deutschen herleitet. Mir gelingt es nicht das nach stilistischen Gesichtspunkten zu entzerren. Jetzt steht hier aber auch, dass es eine philosophische Ableitung für den Begriff gibt. Den Teufelskreis. Den Circulus vitiosus. Unter dem Aspekt versteht sich die Tautologie schon eher. Wieder bei Meyers, Band 4, Bou/Com, unter Circulus vitiosus, wird von einem Beweisfehler gesprochen, bei dem die zu beweisende Aussage für den Beweis vorausgesetzt wird.
So könnte es gehen. Zu Borges Tautologien gehört auch folgende Betrachtung:
"...; jedesmal wenn mir das Fragment 91 des Heraklit einfällt: Niemand kann zweimal in denselben Fluß steigen, bewundere ich die dialektische Gewandtheit, ja die Leichtigkeit, mit der uns die erste Bedeutung ("der Fluß ist ein anderer") aufgeht, uns insgeheim die zweite ("ich bin ein anderer") bringt und uns die Vorstellung erlaubt, als hätten wir sie erfunden; ..."
Jetzt lehnt sich mein Bewusstsein erstaunt auf. Borges widerspricht der Tautologie nicht? Er lebt sie? Borges schreibt: "Diese Tautologien (sowie andere, die ich verschweige) sind mein ganzes Leben." Sie scheint ihm ein Prinzip, oder besser: ein Phänomen unserer Existenz zu sein. Ist das die metaphysische Betroffenheit, von der Borges einleitend schrieb?
Karl Gumbricht - 16. November, 22:19